Noch kein Heilwasser aber gut !

 

Eine Plauderei über das Wasser…

 …aus dem Friedrichrodaer Kalender für das Jahr 1917  –  Mit besonderer Bezugnahme auf die Wasserverhältnisse in Friedrichroda.

Von Georg Wagner

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Von Altersher hat das deutsche Volk den Brunnen eine hohe, fast mystische Bedeutung beigelegt, natürlich zunächst als lebenserhaltenden, labespendenden Quell, aber doch auch infolge des wundersamen Reizes, den sprudelndes Wasser mit seinem Murmeln und Plätschern auf jedes einigermaßen empfängliche Gemüt ausübt. Kommt aber noch die Kunst hinzu, die den Quell nicht nur zu fassen, sondern auch mit schönen und charakteristischen Formen zu umgeben und ein anmutiges Spiel des flüssigen Elementes zu erzielen weiß, so entsteht jener „Brunnenzauber“, dem sich kaum einer entzieht und der uns unwiderstehlich fesselt und träumerisch stimmt. In neuerer Zeit hat aber die Rolle des Brunnens als Trinkwasserspender ausgespielt, verfügen doch heute selbst kleinere Dörfer und die ärmsten Wohnungen über den Segen der Wasserleitung. Aber der eigenartige Reiz der Brunnen ist geblieben. Wenn wir uns auch Dank unserer natürlichen Bodenbeschaffenheit einer nicht geringen Anzahl von Quellen erfreuen, so entbehren wir der Brunnen in dem obigen Sinne fast ganz, während von sog. Kunstbrunnen überhaupt nicht die Rede ist, wenn wir nicht den Spenglersbrunnen auf dem Herzog-Ernst-Platz mit der niedlichen Fontäne nebenan als solchen ansprechen möchten. Wirkliche Kunstwerke auf dem Gebiete der Wasserkunstbauten findet man in größeren Städten, wie z. B. das Wasserkunstwerk in Gotha am Schloßberg, den Mendebrunnen auf dem Augustusplatz in Leipzig, die berühmten Wasserkunstwerke auf Wilhelmshöhe bei Cassel und vielen anderen. Auch kleinere Städte, selbst Dörfer, haben ihre historischen Brunnen und auch in der Neuzeit werden hie und da Prachtbrunnen erbaut. Solchen Zauber üben die wasserspendenden Brunnen noch heute aus. Bevor wir eine Wanderung durch unser Quellengebiet antreten, wollen wir zunächst der Wasserfrage im allgemeinen gedenken. Die Wasserversorgung in Friedrichroda hat schon in alter Zeit häufig Not bereitet, wenn die im Sommer schwächer und schwächer werdenden Quellen nicht mehr das Wasser spendeten, was für die Bleicherei o und Wäscherei nötig war. Mit der fortschreitenden Entwickelung Friedrichrodas als Kurort steigerte sich der Wasserbedarf von Jahr zu Jahr und selbst nach Erbauung der Wasserleitung mit Hochbehälter am Herzogsweg war, wie man gehoffthatte, zeitweiligem Wassermangel nicht abgeholfen. Das mußten wir erfahren, als im Sommer 1893 das Kurhaus vollständig abbrannte. Die älteste zentrale Wasserversorgung Friedrichroda erfolgte aus dem sog. Stadtbrunnen. Die Quelle desselben entsprang Fuße des Wolfsstiegs oberhalb der Hessenmühle und war so stark, daß sie für 16 in Straßen der Stadt aufgestellte Laufbrunnen  genügend Wasser lieferte. Diese Laufbrunnen mit ihren großen, steinernen, offenen Wasserbehältern sind den älteren Bewohnern sicher noch bekannt und waren ein Abbild der oben geschilderten Tag und Nacht plätschernden und murmelnden Stadtbrunnen, wie sie heute noch in vielen Provinzstädten, wie z. B. auch in Gotha auf dem Neumarkt, vorhanden sind. Das waren noch die Vielen unvergeßlichen Zeiten, da jedermann seinen Bedarf an Trink und Wirtschaftswasser in Eimern und Butten ins Haus tragen mußte, wozu heute kein Dienstbote mehr zu haben wäre. – Aus jener Zeit ist uns aber auch noch eine schöne Gepflogenheit im Gedächtnis. Alljährlich am lieblichen Pfingstfest wurden sämtliche Laufbrunnen mit Birkenzweigen (Pfingstmaien) und Guirlanden ans bunten, geleerten Hühnereiern geschmückt. Zur Zeit der Garnbleicherei, die bekanntlich vor 100 Jahren in höchster Blüte stand, dann nach Aufhebung der Kontinentalsperre zurückging, aber nie gänzlich erlöschte, wurden die auf den sonnigen Rasenplätzen ausgebreiteten Garnsträhne fortwährend aus den Wassertrögen der laufenden Brunnen oder aus der klaren Flut des Schilfwassers mit langstieligen Gießstötzen begossen, ein Verfahren, welches die denkbar größte Geschicklichkeit und Fertigkeit der Bleicher und Bleicherinnen voraussetzte, indem sie den klaren Wasserstrahl auf weite Strecken hin über die ausgebreitete Garnfläche schleuderten und dabei mit bewundernswerter Sicherheit jeden Punkt trafen, den den sie sich als Ziel erkoren.

Schiller sagt in seinem „Ring des Polykrates“: „Noch keinen sah ich fröhlich enden, auf den mit immer vollen Händen die Götter ihre Gaben streu’n. Es läßt sich dieses Wort auch auf unseren Stadtbrunnen anwenden. Diese uralte Quelle war schon, wie die Jahreszahl an einem Stein der Umfassung ergibt, mindestens 200 Jahre im Betrieb der Stadt und versorgte dieselbe im Verein mit der Spenglersquelle mit Trinkwasser durch die erwähnten 16 laufenden Brunnen. Aber einmal macht sich das Alter immer geltend. Vor etwa 40 Jahren trat der Wasserstand der Quelle immer mehr und mehr zurück, was mit dem Verbruch des Endershöfer Stollens zusammenhing. Man suchte nach Abhilfe, vertiefte die Quellenstube, stellte erst eine Lokomobile, da dies aber wenig nützte, einen Elektromotor zur Wasserhebung auf. Der Liebe Müh‘ war jedoch umsonst. Das über der Quelle erbaute Brunnenhäuschen wurde wieder abgebrochen und erstand am Bahnhof Friedrichroda zum Dienst als „Wiegehäuschen“. Ein hiesiger Wasserverständiger ist übrigens der Ansicht, man solle die Stadtquelle nicht so leichten Kaufes fahren lassen, weil sie nur infolge Verbruchs des Endershöfer Stollens versiecht sei, zeitweilig (insbesondere nach der Schneeschmelze) aber noch jetzt größere Wassermengen in die Quellenstube eindrängen, ein Beweis dafür, daß die Quelle unter Umständen noch nutzbar gemacht werden könne. Grund und Boden der noch vorhandenen Quellenstube ist Eigentum der Stadt.

Wir nannten wiederholt den Namen: „Endershöfer Stollen“. Das führt uns notwendigerweise auf den Bergbau, den wir nun in kurzen Zügen streifen müssen. Seit langer, langer Zeit erhält Friedrichroda gern die nähere Bezeichnung „Bergstadt“. Sicherlich hat es sich dieses Prädikates nicht bloß wert gemacht durch seine landschaftliche Lage, in der es sich ringsum von Bergen umkränzt sieht, sondern auch durch seinen Bergbau, der s. Z. für die Stadt eine gar große Bedeutung hatte. –

Es gab nämlich früher hier zwei Eisensteingruben, die am Wolfstieg: „ Bau auf Gott. die andere am Sperrwege: „Trau auf Gott“ Beide gehörten der Herzoglich Sächs. Kammer in Gotha und wurden zu ihrer Zeit flott bebaut. Die erste der genannten Gruben soll sehr alt sein mindestens mehrere 100 Jahre zählen und frühe mehr als 100 Bergleuten Arbeit gewährt haben Es wurde, wie schon der Name es sagt, auf Eisenstein gebaut, der nach Luisenthal gefahren wurde, um dort in Roheisen verarbeitet zu werden. Im vorigen Jahrhundert war das aber schon nicht mehr so. 1820 konnten beide Grube nur noch etwa 20 Bergleute beschäftigen. Wie das Bleichgeschäft seinen Niedergang gefunden hatte, so erging es auch dem Bergbaubetriebe Von zwei verschiedenen Seiten erhoben sich Schwierigkeiten, die nicht zu überwinden waren. Ein mal wuchs der Betriebsaufwand in einem Maße daß er zu dem erzielten Reingewinn in keine Verhältnis mehr stand, dann hatte auch bei de Grubenbau selbst allerlei Mißliches sich hinzugesellt. Um die eingetretenen unerquicklichen Wasserverhältnisse zu regulieren, legte der Fiskus im Jahre 1824 zur Entwässerung seines ersoffenen Eisensteinbergwerkes „Wolfsstieg“ einen neuen Stollen an, der am Enders Hofe (Freibotsgasse) Anfang nahm und deshalb später als „ Endershöfer tiefer Stollen“ bezeichnet wurde, wie er ja auch heute noch genannt wird. Derselbe war tiefer angelegt als der ältere Wasserstollen und führte 350 Lachter (1 Lachter = 7 Fuß) weit in den Stollen hinein, nicht in die Tiefe, sondern fast eben in den Berg. Die Länge des Stollens reichte von Enders Hof bis zum Bergschacht hinter der Hessenmühle. Das hatte aber nicht bloß unverhältnismäßig hohe Kosten verursacht, sondern auch zu prozessualen Weiterungen wegen geschädigter Wasserinteressen geführt, – Auch die Stadt führte Prozeß. Ihr Sachverständiger – Bergrat Rieth in Ilmenau – sprach sich in seinem Gutachten dahin aus, daß bei Weiterführung des Stollens bis nahe an die „Stadtquelle“ diese Quelle abgegraben – versiechen – würde, was ja ungefähr 50 Jahre später auch eingetroffen ist, nachdem die von der Herzogl. Kammer getroffenen Vorkehrungen gegen Entweichen des Wassers – sog. Verspundung mit Holz und Thon – verfault und vom Wasser nach und nach weggespült worden waren, wie man dies im Laufe dieses Herbstes beobachten konnte bei dem „Altschen Kalkschen Stollen“ am Eingang zum Oberbüchig. – Die vielen trichterförmigen Einsenkungen, die man bei einem Gange über den Wolfsstieg findet, bezeichnen die Lage und Richtung der früheren in Bergwerke.

Durch diese ungünstigen Umstände war die Verwaltung der Herzoglichen Kammer im Jahre er 1855 zu dem Entschluß gekommen, die hiesigen n Gruben samt dem Luisenthaler Schmelzwerk zu verkaufen und den ganzen herrschaftlichen Bergbau aufzugeben. In der Folge „verbrach“ die Grube am Wolfsstieg und fiel allmählich der er Verschüttung anheim. –

Nach den 50er Jahren flackerte der Bergbau zeitweise wieder ab und zu auf. Private bauten am Gottlob auf Braunstein. Noch heute, sieht man hie und da verbrochene Stolleneingänge. Aber zu einer rechten Lebensfähigkeit ist diese – Industrie nicht wieder gekommen.

Auch inmitten des Kesselgrabens florierte in jener Zeit ein gar seltsamer Betrieb, indem unter  der Leitung des alten Berggeschworenen Christian Lumme Kobalt zutage gefördert wurde. Noch heute sind die Spuren davon bemerkbar (altes m Gemäuer, ein Teich, verfallene Stollen usw.) Unter Kobalt versteht man ein Metall, von Nickel begleitet, poliertem Eisen ähnlich, aber härter und e) leichter schmelzbar. Es dient wegen seiner blauen s-Farbe meist zu Emaillearbeiten und in der Porzellanmalerei sowie bei Töpferarbeiten zur Erzielung schön farbiger Blumen, Schriftzügen usw.  Emanuel Geibel hat einmal den Ausspruch getan: „Das ist die klarste Kritik von der Welt, wenn neben das, was ihm mißfällt, einer was Eigenes, Besseres stellt“. Unendlich viel ist über die hies. Wasserversorgung verhandelt und kritisiert worden. Wie viel Vorschläge, Bohr- und andere Versuche wurden ins Werk gesetzt, um die “Wasserschätze zutage zu fördern, die das unterirdische Erdreich unseres Tales bergen mußte und auch wirklich barg.  Nach einem weiteren Zeitraum von etwa  30 Jahren erfuhr Friedrichroda bezüglich der Wasserversorgung eine ganz wesentliche Veränderung. Die laufenden Brunnen, die so lange, lange  Zeit der Stadt ihr Trink- und Wirtschaftswasser geliefert und womit man sich auch begnügt hatte  trotz vieler Mißstände und Unbequemlichkeiten,  fielen einer-anderen Einrichtung zum Opfer, ein  Beginnen, das anfangs manche erbitterten Kämpfe  im Gefolge hatte, Begleiterscheinungen, die bei Neuschöpfungen nie alszubleiben pflegten. Regten  sich doch auch so s. Z. gewichtige Stimmen gegen den Bahnbau von Waltershausen nach Friedrichroda auf, weil man fürchtete, die Chaisenfuhren würden dadurch brach gelegt werden! Aber bezüglich der Wasserfrage hatte man an die Stelle der Laufbrunnen etwas viel Besseres gesetzt und das war die Hochdruckwasserleitung. Wie doch die Gesinnungsweise der Menschen so oft in das Gegenteil sich verkehrt! Niemand, auch kein einziger von denen, die damals schimpften, würde heute die alten Laufbrunnen, die Leitungen in hölzernen Röhren gegen die Wasserleitung umtauschen wollen, Bereits 1877 war der Bau der Wasserleitung in Angriff genommen worden. Ausgeführt wurde sie von der Gothaer Wasserversorgungsanstalt. Der Hergang war kurz folgender: Von der Spießbachsquelle (auch Elisenquelle genannt) unterhalb des Spießbergs, welche zu diesem Zwecke gefaßt wurde, führt ein Röhrenstrang (70 mm weite gußeiserne Röhren) nach dem Herzogsweg. Neben demselben, auf einer kleinen Vorhöhe der Schauenburg, wurde das Hochreservoir angelegt, von wo aus das Wasser zunächst den höher gelegenen Häusern des Herzogsweges, der Schweizerund Tabarzer Straße zugeführt wurde. Auf die Innenstadt erstreckte sich einstweilen das Leitungsnetz noch nicht, da dieselbe mit bestem Trinkwasser noch durch die alten guten Quellen versorgt war. 1880 wurde sodann die Wasserleitung durch die Reinhardsbrunner Straße bis auf den Marktplatz weiter geführt. Bei dieser Gelegenheit erfuhr der frühere Bleichplatz gegenüber der Kirche eine wesentliche Verschönerung. Wie im Jahre zuvor bereits die östliche Hälfte, so wurde in diesem nun auch die westliche Hälfte planiert, bepflanzt, mit einem Springbrunnen versehen und dem Ganzen der Name „Herzog Ernst-Platz“ beigelegt. Der erforderliche Aufwand für die Verschönerungen wurde aus Mitteln des Verschönerungsvereins bestritten. Beiläufig sei bemerkt, daß die östliche Hälfte des Platzes ehedem mit einer “Schwemme“ geziert war. Eigentlich war es nur ein übelriechendes Wasserloch, das zum Glück im Herbst 1878 zugefüllt wurde. Die Kosten des Wasserleitungsunternehmens beliefen sich bis dahin auf 36000 M. Diese Summe wurde in der Weise aufgebracht, daß die Stadt zu 12000 M, die aus öffentlichen Staatsmitteln gewährt wurden, eine verzinsliche Anleihe in Höhe von 12000 M. und der restierende Betrag von 12000 M. durch die Beteiligten zusammengebracht wurde, indem jeder beim Anschluß 300 M. Anlagekosten zu zahlen hatte.

Mehrere Hydranten und Standrohre, die mit der Leitung in Verbindung gebracht wurden,waren dazu bestimmt, Feuerlöschzwecken zu dienen.

Später wurde noch, einem dringenden Bedürfnis zu genügen, auf dem südlichen Stadtteil von einer Privatgesellschaft eine zweite Wasserleitung gebaut, wozu das Wasser des „Hüselbacher Stollens“ durch Ministerialdekret vom 24. Juli 1885 den Bewohnern des Gottlob-Viertels überlassen wurde.

Nachdem die Verwaltungen beider Leitungen eine kurze Reihe von Jahren nebeneinander ihren Funktionen entsprochen hatten, wurde nach längeren Verhandlungen die südliche Leitung der Stadt käuflich überlassen, die nun das Ganze in einheitliche Verwaltung nahm. Zugleich war aber auch der größtenteils verfallene Endershöfer Stollen in dem man das verloren gegangene Wasser der Stadtquelle wieder zu gewinnen mit Grund erwarten konnte, durch Bergleute in langer, mühseliger und auch gefährlicher Arbeit wieder ausgebaut worden und nachdem man die durch ältere Urkunden festgestellten starken Quellen darin tatsächlich aufgefunden und in Eisenrohre gefaßt hatte, war nunmehr ein Reichtum an guten, reinem Trinkwasser gewonnen, der es ermöglichte, ein umfassendes Projekt über die Wasserversorgung der ganzen Stadt aufzustellen.

Es sei an dieser Stelle erwähnt, daß sich der damalige Senator Karl Klein, der als Sohn eines Obersteigers als Kind häufig durch den alten Stollen gegangen war und dadurch die Verhältnisse in dem Stollen genau kannte, um die Wiederinstandsetzung des Stollens und die Fassung der Quellen ein unvergängliches Verdienst erworben hat. Große Schwierigkeiten, die oftmals die Vollendung des Werkes in Frage stellten, waren zu überwinden.

Das Leitungsnetz spannt sich gegenwärtig über das ganze Stadtgebiet, das ausnahmslos und regelmäßig mit vorzüglichem Trink- und Wirtschaftswasser versehen ist, aus, wofür die öfteren Untersuchungen vereidigter Chemiker die beste Gewähr bieten. Für die Reichhaltigkeit der Wassermengen wird der beste Beweis dadurch geliefert, daß die Wasserspülung zwangsweise eingeführt werden konnte. Folgerichtig würde das nun unsere Aufmerksamkeit auf das vorzügliche System unseres Klärbassins richten müssen, was uns jedoch hier etwas zu weit führen dürfte. Wir kommen nunmehr auf den Anfang dieser Plauderei zurück und teilen Namen und Lage unserer Quellen, soweit sie zu unserer Kenntnis  gekommen sind, nachstehend mit:

  1. Die Spießbachsquelle, (Elisenquelle)  unterhalb des Spießbergs im oberen Teil des Friedrichrodaer Grundes, der Ursprung unserer städtischen Hochdruck-Wasserleitung ist oben bereits eingehender erörtert. Was ihre Benennung betrifft, so führte sie diesen Namen bereits, als sie der Stadt 1879 für die Hochdruckleitung überlassen wurde. Ältere Angaben fehlen.
  2. Die Stadtquelle. Diese wohl älteste  und s. Z. wasserreichste, aber später infolge der eingetretenen ungünstigen Verhältnisse im Endershöfer Stollen mit der Zeit gänzlich versiechte Quelle war ehemals von der größten Wichtigkeit,  da sie seit undenklicher Zeit die Stadt mit Wasser versorgte und unaufhörlich 16 Laufbrunnen speiste. Ausführliches hierüber wurde bereits oben mitgeteilt.
  3. Die Spenglersquelle. Hier haben wir es mit einer Quelle zu tun, die sich, einmal V wegen ihres hohen Alters, dann aber auch wegen „ ihres anerkannt vorzüglichen Wassers von jeher  einer Berühmtheit erfreut, die ihr auch heute  noch eigen ist. Schon in alten städtischen Akten wird sie unter gleichem Namen aufgeführt, ohne eine Andeutung darüber zu geben, welchem Umstande sie diesen Namen verdankt. Die Quelle  entspringt im früher Liefholdschen Garten am Gottlob, da, wo sich die Hauptstraße zum „Kalten Markt“ ausbreitet. In alter Zeit versorgte die  Spenglersquelle das ehemalige Brauhaus und einige laufende Brunnen, insbesondere auch den Brunnen auf dem Herzog-Ernst-Platz.  Hier hat sie erst vor 10 Jahren auf Kosten des Verschönerungs-Vereins die eigenartige bauliche Steinumrahmung erhalten, die sie heute zeigt. Die beiden festen, sie zierenden Steinbänke zu Seiten des sprudelnden Quells sind im Sommer stets von Kurgästen besetzt, die dem heilkräftigen Naß fleißig zusprechen. Es liegt die Absicht vor, den Urquell am Kalten Markt mit einem Tempel zum Trinken eingerichtet, zu überbauen.

Seines guten Rufes als Heilquell erfreute sich der Spenglersbrunnen schon zu jener Zeit, als das ehemalige städtische Brauhaus zwischen dem Gasthof zum „Goldenen Stern“ und dem vormaligen „Berliner Hof“, jetzt „Vier Jahreszeiten“ noch das Bier für ganz Friedrichroda und wahrscheinlich auch für die Umgegend braute, zu welchem Zwecke die Quelle allein da erforderliche Wasser lieferte, woraus sich schließen läßt, daß das Friedrichrodaer Bier ein vorzüglicher „Stoff gewesen sein muß.

Ein Beweis für die Güte des Wassers war übrigens auch die warme Empfehlung des damaligen hies Arztes, wohl des ersten Doktors, der Friedrichroda zu seinem Wirkungskreis erkoren hatte: des Dr. Curdts, der ein begeisterter Verehrer des Spenglerbrunnens war und nur diesen trank und empfahl. Er scheint also bereits ein richtiger Wasserdoktor gewesen zu sein.

  1. Kaum 20 Schritte von der Spenglersquelle entfernt, durch den Wassergraben geschieden, entspringt im Garten des Strunzeschen Grundstückes eine Quelle, ohne Namen, welche als private Leitung 2 Hofraithen in der Hauptstraße reichlich mit Wasser versorgt. –
  2. Die Goldbrunnenquelle. Diese führte von jeher die Bezeichnung das „Goldbörnchen“, obwohl es mit nichts weniger als mit Gold zu tun hat. Es trat zutage hinter dem Deberts-Häuserschen Grundstück unter dem Herzogsweg. Vor ca. 50 Jahren wurde die Quelle durch die „Goldbrunnengesellschaft“ gefaßt und nach der Schweizerstraße geleitet. Diese Leitung verbrach aber nach wenigen Jahren und wurde entbehrlich, nachdem durch die Hochdruckwasserleitung die betr. Straße versorgt wurde. Jetzt speist die Goldbrunnenquelle noch den Brunnen an der Schmalkalder Straße gegenüber dem Möllerschen Hause.
  3. Die Augustaquelle, eine der ansehnlichsten Quellen, was ihre Fassung anlangt. Sie liegt an der Schmalkalder Straße, nahe der Schauenburgsmühle (da unten in der Mühle saß ich in süßer Ruh) (jetzt Hotel). Der Brunnen gilt dem Andenken des verst. Fräulein Auguste Ohlendorff aus Hamburg, das gesundheitshalber ihr ganzes Leben lang in Friedrichroda wohnte und sich durch Wohltätigkeitsbestrebungen aller Art, besonders gegen die Armen, auszeichnete. Die Quelle ist ein besonderer Schützling des Verschönerungsvereins, der sie s. Z. fassen ließ und seitdem in gutem Zustand erhält.
  4. Der „Kalte Born“, auch eine althergebrachte Bezeichnung, deren Namen leicht erklärlich ist. Er liegt am Regenberg und wurde von der Domäne an die Stadt abgegeben, als die Elisenquelle (resp. Spießbachsquelle) den Bedarf für die Hochdruck-Wasserleitung nicht mehr allein decken konnte.
  5. Die Hirtenquelle. Diese liegt im Kesselgraben und wurde ebenfalls der Hochdruckleitung dienstbar gemacht und zwar im Jahr 1893 nach dem Kurhausbrand.
  6. Die Andreasquelle, wahrscheinlich nach einem Regierungsbeamten aus Gotha (J. A. Heß), der mit seiner Familie viele Sommer regelmäßiger Gast in Friedrichroda war, so benannt. Sie liegt am Ausgange des Herzogswegs nach der Schmalkalder Straße und am Eingange zum Kesselgraben. Gar mancher Wanderer wird schon seinen Durst an der hart am Wege liegenden Quelle gestillt haben.
  7. Die Körnbergquelle, gefasst an der Engelsbacher Straße. Sie versorgt die früher Beslersche Badeanstalt zum „Herzog von CoburgGotha“, jetzigen Badeanstalt zur „Körnbergquelle“ mit dem erforderlichen Badewasser.
  8. Die Lutherquelle, am Fuße der Lutherbuche an der Gottlobspromenade, deren Name für sich selbst spricht.
  9. Die schon einmal genannte „Hüsselbachs-  bzw. „Marienquelle“ am Wege nach der Schauenburg. Die letztere Bezeichnung wurde ihr vor ca. 50 Jahren zu Ehren der Sängerin Fräulein Marie Klauwell aus Leipzig beigelegt, die sich auf dem Gebiete der Wohltätigkeit wiederholt verdient machte.

Außerdem gibt es hier noch mehrere ununterbrochen laufende Quellen ohne nähere Bezeichnungen, so z. B. am Fuße des Gottlobs und Klinkensteins, am Schauenburgsweg usw. und manche werden in der Folge noch zutage treten, denn von Quellensuchern sind in unserm Tale unterirdische Wasserläufe unwiderleglich festgestellt worden.

Aus der vorstehenden, im Plaudertou gehaltenen Abhandlung haben wir schon zur Genüge ersehen können, von welch unendlichem Segen das Wasser in wirtschaftlicher und gewerblicher Beziehung zu allen Zeiten begleitet gewesen ist. Am meisten aber ist das zutage getreten, seit Friedrich Perthes als erster Kurgast in Friedrichroda eingezogen war, was zur Folge hatte, daß die Stadt sich seitdem zum ersten Badeort Thüringens empor arbeitete. Wenn auch zunächst die gute, ozonreiche Waldluft, die Anregung dazu gegeben hatte, so bildete doch einen eben so wichtigen Faktor das klare, reine, wohlschmeckende Wasser. Schon lange bevor durch Sachverständige von Ruf die sehr gute Qualität des Quellwassers durch umfangreiche, gelehrte Gutachten bewiesen war, schätzten die hies. Kurgäste unser Wasser gar sehr. Das gab auch Anregung zu der Gründung der Badeanstalten, der Sturz- und Wellenbäder sowie neuerdings das von mehreren das Freibad über alles schätzende Herren ins Leben gerufene und von allen Seiten insbesondere von einem großen Teil unserer Kurgäste mit großer Freude begrüßte Schwimmbad in dem Wiesengrund zwischen dem Körn- und Dachsberg. Auch einzelne Sanatorien befassten und befassen sich noch heute mit der hydrotherapeutischen, d. h. der Wasserbehandlung und haben oft schon wunderbare Heilerfolge erzielt.

Zum Schluß seien hier noch einige, zum Teil althergebrachte, volkstümliche, humoristische Redensarten mitgeteilt, die das segenstiftende, unschuldige Wasser über sich ergehen lassen muß. Da eröffnet zunächst Dr. Martin Luther den Reigen, wenn er sagt: „Wasser tut’s freilich nicht“ (im 4. Hauptstück, selbstverständlich in einem ganz anderen Sinne gemeint, als manche dem Ausspruch unterzulegen geneigt sein werden). Der alte Joh. Mich. Moscherich muß wohl außergewöhnlich schlechte Erfahrungen mit dem Wasser gemacht haben, denn er definiert dasselbe 1643, während er gleichzeitig dem Wein eine große Schmeichelei sagt, in der folgenden sehr drastischer Weise:

„Das Wasser hat ein Faulen geschmack – Gleich wie ein Treck in einem Sack – Der Wein wie Nägelein und Rosen“. –

Die Studenten, die es ja noch nie gern mit dem Wasser hielten, sangen bereits 1745 folgendes Lied:

„Sauft Wasser wie das liebe Vieh und meint, es sei Krambambuli“.

(Krambambuli bedeutet ursprünglich Danziger Kirschwasser).

Sogar der Dichter Ewald von Kleist verbrach 1760 folgenden Spottvers auf das Wasser: „Lach der Arzt und ihrer Ränke! Tod und Krankheit lau’rt.  Wenn man bei dem Froschgetränke Seine Zeit vertrau’rt“. –

Auch einem Ernst Moritz Arndt, unserem deutschen, ernstgesinnten Patrioten, wie es kaum einen zweiten gegeben hat, entschlüpfte einst in guter Laune folgender spaßige Vers:

„Was soll ich mit dem Zeuge machen, Dem Wasser ohne Saft und Kraft? Gemacht für Frösche, Kröten, Drachen Und für die ganze Würmerschaft?“

August Kopisch, der Weinliederdichter, hatte für das Wasser folgenden Vers übrig:

„Ach, lieber Herr, – Das Wasser schmeckt mir gar nicht sehr, Dieweil darin ersäufet sind All‘ sündhaft Vieh und Menschenkind“.

Schon in meiner früheren Jugend hörte ich von einem Bayern, der es einzig und allein mit dem „süffigen Bayerischen“ hielt, bei jeder sich bietenden passenden und unpassenden Gelegenheit folgendes mir in der Erinnerung haften gebliebene Lied singen:

„Mit Wasser bleibt mir fern, Das trink i gar net gern, Mein schwacher Magen Kann’s Wasser net vertragen!“

Damit mag die Blütenlese der auf das Wasser bezüglichen Satyren abgeschlossen sein. Es ist unverkennbar, daß dieselben nur guter Weinlaune ihr Entstehen verdanken. Ihnen gegenüber stehen selbstverständlich eben so viele, wenn nicht mehr, Lobsprüche und es giebt heutzutage eine Menge Leute, die dem Wasser vor allen geistigen resp. alkoholischen Getränken den Vorzug geben und sich sehr wohl dabei fühlen.

Mit dem Abschiedswort eines ehemaligen, hochgeschätzten Kurgastes, das er seinen lieben Friedrichrodaern zurief, als er nach seinem Heimatsorte zurückreiste, schließen wir die vorstehenden Betrachtungen, die besonders für unsere jüngere Generation nicht ohne Interesse sein werden:

„So walte Gottes Treue über Euch  und Euerm kleinen waldumkränzten Reich

Set ungetrübter Segen Euch beschieden! Wie Eure Quellen rinnen rein und klar, Wie eure Berge steh´n unwandelbar –

So steh Euch Eintracht, Sicherheit und Frieden !

Und will es Gott, mög’s uns so gut ergehn, Daß übers Jahr wir froh Euch Wiederseh´n!